Ältere Menschen sind besonders anfällig für das Auftreten von Ernährungsstörungen. Und der demographische Wandel lässt gerade diese Bevölkerungsgruppe in den nächsten Jahren weiter stark anwachsen. Die Gründe für ein erhöhtes Risiko von Mangelernährung mit steigendem Lebensalter sind vielfältig: So sinkt zum Beispiel der tägliche Energiebedarf im Alter, weshalb sich auch die aufgenommene Nahrungsmenge und damit zwangsläufig die zugeführte Mikronährstoffmenge verringert. Insbesondere die ausreichende Versorgung mit Vitamin B12, Vitamin D, Vitamin E und Folsäure ist dann gefährdet.

Einführung

Mangelzustände passen nicht in das Weltbild einer Wohlstandsgesellschaft. Allerdings wird bei dieser Betrachtungsweise bereits im Ansatz übersehen, dass Ernährung per se keine vorgegebene Größe ist, die einheitlichen Regeln folgt. Vielmehr sind Art und Umfang unserer Ernährung höchst individuellen Einflüssen unterworfen, die keineswegs zwingend den Gesetzen der Logik oder gar den Erkenntnissen der Prävention folgen. Somit wird auch verständlich, dass die vor allem Ärzten und Ernährungsberatern bekannte Problematik des "zu viel, zu fett und zu süß" kein Garant ist für Ausgewogenheit oder ausreichende Zufuhr von Makro- und Mikronährstoffen. Unter der Tarnkappe der vorherrschenden Überernährung ist ein Mangel etwa an Vitaminen oder Spurenelementen schon deshalb vorstellbar, weil Symptome entweder fehlen oder durch mangelnde Spezifität (zum Beispiel Müdigkeit, reduzierte Leistungsfähigkeit) fehlinterpretiert werden. Andererseits sind klassische Vitaminmangelerkrankungen eine Rarität und treten nur bei ausgeprägten, zumeist langjährig bestehenden Mangelzuständen auf. Die Grauzone zwischen einer ausreichenden Bedarfsdeckung und krankhaften Veränderungen mit eindeutiger Symptomatik ist deshalb gerade für Mikronährstoffe groß. Allerdings ist die Frage berechtigt, ob sich hieraus für die Bevölkerung oder zumindest für bestimmte Bevölkerungsgruppen negative Konsequenzen ergeben und ob sich ein diesbezüglich abzuleitender diagnostischer und therapeutischer Aufwand insbesondere unter präventiven Gesichtspunkten lohnt.

Risikofaktor Alter

Zu den besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen für das Auftreten von Ernährungsstörungen zählen in unserer Gesellschaft neben Heranwachsenden und Schwangeren vor allem ältere Menschen. Schon das Alter an sich ist bereits als eigenständiger Risikofaktor zu betrachten [1], wobei die Gruppe hochbetagter Menschen (> 80 Jahre) von Mangelernährung besonders häufig betroffen ist. Die vergleichende Betrachtung der Verteilung von Über- und Untergewicht bei älteren (55-64 Jahre) und hochaltrigen Menschen (> 85 Jahre) gibt hierzu erste Hinweise. So findet sich Untergewicht (BMI < 18,5) als Folge ausgeprägter Mangelernährung bei 55-64-Jährigen in lediglich 0,8 % der Fälle. Demgegenüber ist bei den > 85-Jährigen mit 5,9 % eine massive Zunahme der Häufigkeit von Untergewicht um mehr als den Faktor 7 zu verzeichnen [2]. Parallel hierzu nimmt das Auftreten von Adipositas bei den Hochbetagten ab: Während bei den 55-64-Jährigen 14,1 % adipös sind (BMI > 30), sind bei den > 85-Jährigen lediglich noch 4,7 % hiervon betroffen [2]. Diese Veränderungen stellen jedoch nur die Spitze eines Eisberges dar, deren Effekt vor allem durch eine verringerte Kalorienzufuhr bedingt ist. Angesichts der hohen Prävalenz von Übergewicht in der Bevölkerung wird der Rückgang der Adipositas bei den Hochbetagten allerdings kaum als gesundheitliche Bedrohung wahrgenommen. Erst bei genauerem Hinsehen werden die tatsächlichen Dimensionen von Mangelernährung im höheren Lebensalter und deren Konsequenzen deutlich.

Die Notwendigkeit einer näheren Auseinandersetzung mit diesen und anderen Veränderungen der Ernährungssituation im höheren Lebensalter ergibt sich bereits aus der Betrachtung nüchterner Daten zur Bevölkerungsentwicklung. Diese Zahlen verdeutlichen, dass der bereits seit Jahrzehnten zu verzeichnende demographische Wandel hin zu einem weiteren Anwachsen der Altenbevölkerung in den nächsten Jahren keineswegs zum Stillstand kommen wird [3]. Vielmehr ist von einem Fortschreiten dieser "Überalterungstendenz" bis mindestens zum Jahre 2050 auszugehen. Dabei ist es vor allem die Gruppe der Hochbetagten
(> 85 Jahre), die in den nächsten 40 Jahren die größte Wachstumsdynamik an den Tag legen wird. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung wird nach aktuellen Schätzungen um den Faktor drei ansteigen (Abb. 1).

     2010    2030    2050
> 65 Jahre
    (Absolutzahlen)
   16,9 Mio.    23,0 Mio.    23,6 Mio.
> 85 Jahre
    (Absolutzahlen)
     2,3 Mio.      3,9 Mio.      6,5 Mio.
> 85 Jahre
    (%-Anteil an der Gesamtbev.)
     3 %      7 %      9 %

Abbildung 1: Demographischer Wandel [3]

Selbständigkeitsverlust und Krankenhausbehandlung

Die Gründe für die Zunahme des Risikos, mit steigendem Lebensalter mangelernährt zu sein, sind vielfältig. Vorrangig handelt es sich dabei um einen Summationseffekt aus physiologischen ("normalen") Alternsveränderungen krankhaften Prozessen und psycho-sozialen Faktoren (vergl. "Typische Risikofaktoren für Mangelernährung im Alter" - nächster Absatz). Vor allem sind es aber drei Aspekte, die häufig zu einer erheblichen Verschlechterung der Ernährungssituation im Alter beitragen. Dabei handelt es sich erstens um Multimorbidität kombiniert mit Multimedikation, zweitens um die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung und drittens um Selbständigkeitsverlust mit Unterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim.

Bei gezielter Erhebung von klinischen Merkmalen einer Mangelernährung in Krankenhäusern zeigte sich beispielsweise bei 43 % der 70-Jährigen und Älteren eine Malnutrition [4]. Bei Aufnahme in einer geriatrischen Abteilung waren in dieser Altersklasse sogar 56 % betroffen. Diese Zahlen deuten zum einen darauf hin, dass bei den Hochbetagten das Mangelernährungsrisiko keineswegs gleichmäßig verteilt ist. Zum anderen zeigen sie Einflussfaktoren auf, die – außerhalb von medizinischem Lehrbuchwissen – für die Risikobewertung der Ernährungssituation im Alter von offensichtlich großer Bedeutung sind.

Risikofaktoren für Mangelernährung im Alter

Physiologische Veränderungen
Abnahme von Geruchs- und Geschmackssinn
Abnahme von Durst und Appetit
Rascher eintretendes Sättigungsgefühl
Gewichtsabnahme durch Abbau von Knochen- und Muskelmasse

Pathologische Veränderungen
Kaustörungen (Karies, Zahnverlust, Parodontalerkrankungen, passungenaue Prothesen)
Schluckstörungen (Ösophagitis, Schlaganfälle)
Chronische Erkrankungen (Herzinsuffizienz, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung, Infektionskrankheiten, Schmerzsyndrome)
Psychische Erkrankungen (Depression, Demenz)
MultimorbiditätMultimedikation

Soziale Faktoren
Alleinsein
Niedrige Rente
Einschränkungen bei den Alltagsaktivitäten

Konsequenzen von Mangelernährung im Alter

Durch die in den letzten Jahren zunehmende Beschäftigung mit den Gesundheitsproblemen hochaltriger Menschen ist durchaus schon länger bekannt, dass in dieser Bevölkerungsgruppe Mangelernährung, Muskelschwäche und Sturzneigung gehäuft auftreten [5]. Mangelernährung ist dabei keineswegs nur das Ergebnis einer unzureichenden Zufuhr von Energieträgern, Vitaminen oder Spurenelementen. Mangelernährung kann ebenso Folge eines erhöhten Bedarfs oder einer eingeschränkten Verwertung der zugeführten Nährstoffe sein.

Die Folgen von Mangelernährung sind für den alten Menschen vielschichtig. Zu den vorrangigen Konsequenzen zählen eine Verschlechterung der Lebensqualität [6], eine Abnahme der Immunabwehr mit erhöhter Infektanfälligkeit [7], eine Verschlechterung der Verlaufsprognose bei gleichzeitiger Erhöhung der Komplikationsrate [8], eine erhöhte Mortalität [9], häufigere Krankenhausaufenthalte [10] und eine längere Krankenhausverweildauer [9]. Trotzdem ist Mangelernährung im Alter kein zentrales medizinisches Thema und es verwundert nicht, dass nur ein geringer Anteil mangelernährter älterer Menschen rechtzeitig erkannt und behandelt wird [11].

Unterversorgung mit Mikronährstoffen

Mangelernährung ist nicht allein ein Phänomen, das Makronährstoffe und deren Funktion als Energieträger betrifft. Schon auf Grund der Zusammensetzung unserer Ernährung ist nachvollziehbar, dass auch Mikronährstoffe von den zuvor aufgezeigten Veränderungen der Ernährungssituation bei Hochaltrigen nicht unberührt bleiben können. Außerdem findet sich eine Reihe von zusätzlichen Argumenten, die das erhöhte Risiko eines Mikronährstoffmangels im Alter plausibel erklärt.

Für Mikronährstoffe bestehen – im Gegensatz zum Energiebedarf – in nationalen und internationalen Verzehrempfehlungen zwischen Jung und Alt keine nennenswerten Unterschiede [12]. Gerade der mit dem Alter abnehmende Energiebedarf führt aber zwangsläufig zu einer Verringerung der aufgenommenen Nahrungsmenge und damit selbst bei unveränderter Nahrungszusammensetzung auch zu einer Reduktion der zugeführten Mikronährstoffmenge. Weil warme Mahlzeiten wegen Kau- oder Schluckstörungen systematisch weichgekocht und außerdem häufig wiedererwärmt werden, ändert sich die Nahrungsbeschaffenheit. Dabei kommt es zu einem erheblichen Verlust temperaturempfindlicher Vitamine. Am Beispiel der Vitamine B6 und Folsäure lassen sich die resultierenden Probleme anschaulich verdeutlichen: Unter Berücksichtigung eines bis zu 50-%-en Verlustrisikos durch die Zubereitung sind zur täglichen Deckung des Bedarfes an Vitamin B6 die Aufnahme von 450 g Leber, 550 g Hühnerfleisch oder 1.450 g Kartoffeln erforderlich. Zur Deckung des Folsäurebedarfs ist sogar die tägliche Aufnahme von 600 g Leber oder 3.000 g Spinat notwendig.

Selbst bei einem geistig fitten älteren Menschen geht angesichts solcher Gegebenheiten der notwendige Überblick über eine ausreichende Aufnahme von Mikronährstoffen rasch verloren. Viel problematischer ist jedoch die Situation bei solchen älteren Menschen, die von Krankheiten betroffen oder pflegebedürftig sind. Im Ernährungsbericht 2008 der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) wurde hierzu unter anderem die Mikronährstoffaufnahme von älteren Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen untersucht. Von den erfassten Probanden erreichten 90 % für Vitamin D, 80 % für Vitamin E, 50-70 % für Vitamin B2, B6, B12, Folsäure und 30-40 % für Calcium die empfohlenen Tagesmengen nicht [13]. Die Studie konnte außerdem zeigen, dass der Grad an Pflegebedürftigkeit und der Nachweis von Demenz die Energie- und Nährstoffaufnahme stärker beeinflusst als der Risikofaktor Lebensalter.

Nachweis von Mikronährstoffmangel

Es gibt viele Einflussfaktoren, die eine Aufrechterhaltung von ausgewogener Ernährung im Alter erschweren. Doch selbst bei deren Sicherstellung ist für den alten Menschen eine ausreichende Zufuhr von Mikronährstoffen keineswegs gewährleistet und der Nachweis eines Mangels problematisch. Während bei den Makronährstoffen neben dem Gewicht oder dem Body Mass Index erniedrigte Laborparameter beispielsweise für Gesamteiweiß, Albumin, Cholinesterase oder Cholesterin zuverlässige Hinweise auf eine Untervorsorgung liefern, ist die Beurteilung einer adäquaten Versorgungssituation für Mikronährstoffe schwieriger. So führt eine erniedrigte Calcium-Zufuhr auch über längere Zeiträume nicht zu einem Absinken des Serumcalciumspiegels. Die keineswegs preiswerte Bestimmung von B-Vitaminen im Serum (beispielsweise B6, B12, Folsäure) führt nicht zu verlässlichen Aussagen über die intrazellulären Stoffwechselfunktionen, an denen diese Vitamine als Coenzyme maßgeblich beteiligt sind. Nicht selten finden sich normale B-Vitamin-Serumspiegel, obwohl intrazelluläre Stoffwechselparameter eine Mangelsituation anzeigen [14]. Der sichere Nachweis beispielsweise eines Vitamin-B12-Mangels ist jedoch wegen drohender irreversibeler neurologischer Veränderungen mit daraus resultierenden erheblichen funktionalen Einschränkungen erforderlich. Im Falle der Vitamine B6, B12 und Folsäure liefert die Bestimmung der Intermediärmetabolite Cystathionin (für Vitamin B6), Methylmalonsäure (für Vitamin B12) und Homocystein (für die Vitamine B6, B12, Folsäure) zuverlässige Hinweise auf eine bestehende Mangelsituation [15].

Risikofaktor Homocystein

Eine Vielzahl von Studien konnte übereinstimmend zeigen, dass Patienten mit arteriosklerotischer Verschlusskrankheit gegenüber Gefäßgesunden regelhaft höhere Homocysteinkonzentrationen im Blut aufweisen und Homocystein ein unabhängiger Risikofaktor der arteriosklerotischen Verschlusskrankheit ist [16]. Durch Gabe von Folsäure, Vitamin B6 und Vitamin B12 lassen sich Homocysteinkonzentrationen im Blut substanziell senken [17]. Die Ergebnisse von randomisierten Behandlungsstudien konnten jedoch keinen gesicherten präventiven Effekt einer Senkung von Homocystein im Blut durch Gabe von B-Vitaminen nachweisen [18]. Allerdings wiesen diese Studien eine Reihe von unterschiedlichen methodischen Schwächen auf, die eine zuverlässige Interpretation der Ergebnisse erschwerte. Gleichzeitig wurde vereinzelt der Verdacht einer erhöhten Krebsinzidenz unter der Folsäuresubstitution geäußert [19]. Zumindest für die Sekundärprävention nach Myokardinfarkt (Herzinfarkt) konnte in einem 10-Jahreszeitraum gegenüber Placebo kein Effekt einer Homocysteinsenkung auf erneute Myokardinfarkte, Schlaganfälle oder andere nicht koronare Gefäßereignisse gefunden werden [20]. Ein positiver Einfluss der Folsäuresubstitution auf die Krebsentstehung konnte jedoch ausgeschlossen werden.
Neben der Sekundär- und Tertiärprävention ist gerade für den hoch betagten Menschen der Gesichtspunkt der Aufrechterhaltung von Funktionalität im Alltag von besonderer Bedeutung. In einer prospektiven Kohortenstudie an gesunden selbständigen Älteren (≥ 70 Jahre) erwies sich Homocystein in einem Beobachtungszeitraum von 28 Monaten als eigenständiger Risikofaktor für eine signifikante Verschlechterung von körperlichen Fähigkeiten (Gangsicherheit, Gleichgewicht, Koordination, manuelle Geschicklichkeit) [21]. Außerdem konnte in einer Metaanalyse von 75 Studien Homocystein als ein Risikofaktor für Demenz identifiziert werden [22].

Konsequenzen von Mikronährstoffmangel im Alter

Mangelernährung im Alter zählt in unserer Gesellschaft nicht zu den zentralen gesundheitspolitischen und medizinischen Themen. Aber selbst wenn ein gezieltes Screening auf Mangelzustände bei Hochbetagten durchgeführt wird, finden sich auffällige Parameter häufig ohne zugehörige klinische Symptome. Und wenn Symptome auftreten, dann sind diese in der Regel unspezifisch (Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Antriebsarmut, Schwäche, Appetitlosigkeit) und werden überwiegend dem fortgeschrittenen Lebensalter angelastet. Diese dürfte mit dazu beitragen, dass Mangelernährung sogar in Krankenhäusern und Pflegeheimen, in denen Unterversorgung mit Nährstoffen häufig vorkommen, keine hinreichende Beachtung findet [23].
Auf der anderen Seite wird adäquate Ernährung als essentieller Bestandteil eines gesunden und erfolgreichen Alternsprozesses betrachtet, ohne die eine Aufrechterhaltung von körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit, Lebensqualität und Selbständigkeit nicht möglich erscheint [24]. Als Konsequenz aus diesem Dilemma kann nur abgeleitet werden, bei Hochbetagten prinzipiell an die Möglichkeit einer Mangelversorgung zu denken und im Verdachtsfall gezielt nach Ernährungsgewohnheiten zu fragen und ggf. weitere Maßnahmen (zum Beispiel Ernährungsassessment, körperliche Untersuchung, Laboranalysen) zu veranlassen.

Aber auch bei einer "Einzelfallbetrachtung" von Mikronährstoffen wird deutlich, welche Konsequenzen eine unzureichende Versorgung für den älteren Menschen haben kann. So zählen Vitamin B12, Vitamin D und E sowie Folsäure zu den Mikronährstoffen bei 65-Jährigen und Älteren, bei denen besonders häufig ein Mangel nachweisbar ist [25]. Für die Betroffenen hat dieser Befund prognostische Relevanz, denn eine erniedrigte Zufuhr von Vitamin D, Vitamin E oder Folsäure geht auch mit einem erhöhten Risiko für Gebrechlichkeit einher [26]. Gebrechlichkeit als ein Zustand im Grenzbereich der Funktionstüchtigkeit des menschlichen Gesamtorganismus ist eine Hauptursache für Pflegebedürftigkeit und Abhängigkeit.

Neben Gebrechlichkeit gilt der Verlust kognitiver Funktionen als eine der größten Gefahren für die Aufrechterhaltung eines selbst bestimmten Lebens im Alter. Auch hier übt ein Mangel an Mikronährstoffen nachweislich einen negativen Einfluss aus. So korreliert ein Folsäuremangel bei geistig und körperlich fitten Älteren während einer siebenjährigen Beobachtungsdauer mit einer signifikanten Verschlechterung der Hirnleistung [27]. Gleiches gilt für erniedrigtes Vitamin D, das mit einer signifikanten Verschlechterung der Hirnleistung während einer sechsjährigen Beobachtungsdauer von >65-Jährigen einherging [28].

Ein Mangel an Vitamin B12 führt zu irreversiblen neurologischen Funktions-störungen (Kognition, periphere Neuropathie), hämatologischen Erkrankungen (makrozytäre Anämie) und erhöht das Osteoporoserisiko [29].

Fazit

Ab dem 70. Lebensjahr steigt das Risiko für Mangelernährung mit dem Lebensalter deutlich an. Besonders häufig ist Mangelernährung bei Multimorbidität sowie in den Institutionen Krankenhaus und Pflegeheim anzutreffen. Angesichts des abnehmenden Energiebedarfs ist auch bei ausgewogener Ernährung das Risiko für einen Mangel an Mikronährstoffen bei Hochbetagten höher zu veranschlagen als für Makronährstoffe. Insbesondere für Vitaminmangelzustände lassen sich bei alten Menschen plausible Zusammenhänge mit funktionalen Einschränkungen in den Aktivitäten des täglichen Lebens nachweisen. Inwieweit die Substitution fehlender Mikronährstoffe kognitive Störungen oder Neuropathien verhindern kann, lässt sich gegenwärtig nicht abschließend beurteilen. Gebrechlichkeit kann jedenfalls durch rechtzeitige Ernährungs- und Trainingstherapie beeinflusst oder verhindert werden. Die Instrumente zur Erkennung von Ernährungsmangel werden bisher nur unzureichend genutzt, und die positiven Effekte einer Ernährungstherapie werden gegenwärtig unterschätzt.