Ungefähr ab dem 45. Lebensjahr kommt es verstärkt zu altersassoziierten Veränderungen des Bewegungsapparates. Dazu gehören Knochen- schwund (Osteopenie, Osteoporose) und Vitamin-D-Mangelerscheinungen (Osteomalazie), Muskelschwund (Atrophie) und/oder Muskelschwäche sowie neuromuskuläre Koordinationsstörungen und im Bereich der Gelenke degenerative Veränderungen (Arthrose). Hier treten auch bestimmte entzündliche Erkrankungen häufiger in Erscheinung (Polyarthritis). Die Ursachen dieser Veränderungen sind noch nicht völlig erforscht. Sicher ist aber, dass Ernährungsfehler und mechanische Faktoren wie mangelnde Bewegung oder Fehlbelastungen eine entscheidende Rolle spielen. Zu den vorbeugenden Maßnahmen gehören deshalb in jedem Fall die Ernährungs- optimierung, Vitamin- und Mineralstoffsupplementation und natürlich unbedingt geeignete Bewegungsmaßnahmen, die Ausdauer und Kraft fördern.
Bewegungsapparat ist der Oberbegriff für verschiedene Organsysteme des Körpers. Neben den Knochen (Skelett) gehören dazu noch die Gelenke (mit Knorpel und Synovia = Gelenkflüssigkeit), die Muskulatur und der Halteapparat (Sehnen und Bänder). Zwischen ihnen bestehen enge funktionelle, biochemische und metabolische Zusammenhänge.
So bildet das Kollagen (Bindegewebe) als Gerüsteiweiß die Grundsubstanz aller Bestandteile des Bewegungsapparates. Der Stoffwechsel der beteiligten Organe wird sehr stark durch mechanische Einflüsse gesteuert, die wiederum mehrere Komponenten des Bewegungsapparates betreffen. Zusätzlich dazu hat der Knochen eine Doppelfunktion: Zum einen enthält er eine mineralische Komponente, zum anderen fungiert er in seiner metabolischen Funktion als Mineralienspeicher und als Säure-/Basen-Puffer.
Altersbedingte Veränderungen des Bewegungsapparates sind Folge mechanischer Abnutzungen (speziell der Gelenke), mechanischer Minder- belastung (zu wenig Bewegung führt zu Knochen- und Muskelschwund) und hormoneller Veränderungen wie z.B. Störungen des Vitamin-D-Stoff-wechsels, Abnahme von Wachstumshormonen etc.. Auch jahrzehntelange Fehlernährung oder Ernährungsdefizite im Alter spielen eine Rolle.
Knochenstoffwechsel und Skelett
Die Regulierung des Knochenstoffwechsels erfolgt durch Hormone, lokale Wachstumsfaktoren, Zytokine (Zellprodukte, die den Ablauf der Immunreaktion regulieren) sowie mechanische Be- und Entlastung. Diese komplexen Abläufe ermöglichen es dem Skelettsystem gleichzeitig als Stützapparat, als mechanischer Schutz für die inneren Organe und als Mineralstoffdepot zu dienen. Darüber hinaus weiß man mittlerweile, dass der Knochenstoffwechsel auch genetisch bestimmt ist, besonders was den Aufbau der "Knochengipfelmasse" (peak bone mass) betrifft, aber auch die Reaktion des Knochens auf äußere Faktoren.
Im Kindes- und Jugendalter wird der Knochen aufgebaut und bis ungefähr zum 30. Lebensjahr kommt es immer noch zu einer leichten Zunahme der Knochenmasse. Die maximale Knochenmasse (peak bone mass) verbleibt dann für einige Jahre in einer Art Plateauphase, ab dem 40. Lebensjahr nimmt sie allmählich wieder ab. An diesem so genannten altersphysiologischen Knochenverlust sind verschiedene Komponenten beteiligt, u.a. auch Veränderungen im Vitamin-D-Stoffwechsel. Besonders die Vermeidung von Sonnenbädern älterer Menschen und die verminderte Synthesefähigkeit von Vitamin D in der älteren Haut führt aufgrund eines sekundär gesteigerten Knochenabbaus zu einem erhöhten Frakturrisiko, speziell im Bereich des Oberschenkels. Männer und Frauen sind davon gleichermaßen betroffen, wobei die Knochenverlustrate bei Frauen unmittelbar nach der Menopause schneller vonstatten geht als bei Männern, sich aber nach einigen Jahren wieder verlangsamt. Heute leidet schon jede dritte Frau und jeder fünfte Mann über 65 Jahren an Osteoporose.
Ernährungsdefizite ausgleichen, Fehlendes ersetzen
Weitere Gründe für den Knochenverlust in höherem Alter sind Ernährungsdefizite sowie eine reduzierte mechanische Stimulation durch Bewegungsarmut. Ältere Menschen ernähren sich oft einseitig, besonders wenn die Selbstversorgung durch körperliche Behinderungen eingeschränkt ist, oder nur vorgefertigte Nahrung in Heimen oder durch ambulante Versorgung-Einrichtungen zur Verfügung steht. So kann bei älteren Menschen immer häufiger eine Minderversorgung mit Proteinen, Calcium, Vitamin D und auch Vitamin K nachgewiesen werden.
Diese Mangelversorgung lässt sich auf einfache Weise und effizient durch eine Substitution mit Calcium und Vitamin D beseitigen. Auch ohne den Verdacht auf Osteopenie oder Osteoporose ist die Supplementation von Vitamin D und Calcium gerechtfertigt. Darüber hinaus ist die Therapie einer manifesten Osteoporose mit modernen Wirkstoffen (z.B. Bisphosphonaten) nur sinnvoll, wenn eine ausreichende Basisversorgung mit Calcium und Vitamin D3 und ggf. Vitamin K sichergestellt ist. Das ist Voraussetzung, um die notwendige Biomineralisation und den Knochenaufbau zu gewährleisten.
Gesunde Knochen brauchen Druck
Im Knochen selbst werden mechanische Druck- und Biegekräfte in biochemische Signale umgewandelt. Dadurch wird Knochenmasse aufgebaut und die Knochenform der jeweiligen Beanspruchung angepasst. Logischerweise führt eine fehlende mechanische Stimulation zum Abbau von Knochenmasse. Als deutliches Beispiel der Folgen einer reduzierten mechanischen Belastung kann die Schwerelosigkeit im All dienen (Astronauten mit längerem Aufenthalt im Weltraum leiden nach der Rückkehr zur Erde an Osteoporose) und der Knochenschwund bei lange bettlägerigen Patienten. Aber auch ältere Menschen bewegen sich weniger, was zum zusätzlichen Knochenverlust im Alter beiträgt. Andererseits führen gezielte Bewegungstherapien auch bei Älteren zu einer Zunahme der Knochensubstanz oder können zumindest den weiteren Knochenabbau verhindern. Solche Bewegungsprogramme haben auch einen äußerst positiven Effekt auf die neuromuskuläre Koordination und beugen damit wirkungsvoll Stürzen mit möglicherweise fatalen Folgen vor.
Altersphysiologischer Knochenverlust und Osteoporose
Die vielfältigen Ursachen des Knochenschwunds erklären, warum im Alter eine große Variabilität der Knochenmasse vorgefunden wird. Aber je älter die Menschen werden, umso größer wird der Anteil mit kritischer Reduktion der Knochenmasse bei gleichzeitig erhöhtem Frakturrisiko. Der Übergang des alterstypischen "normalen" Knochenverlusts zur "senilen" Osteoporose ist fließend. Auch wenn dieser altersphysiologische Knochenverlust eine Tatsache ist, soll das nicht bedeuten, dass Osteoporose bei älteren Menschen nicht mehr therapiert werden sollte. Ganz im Gegenteil: Die heute vorhandenen Therapiemöglichkeiten können das Frakturrisiko effektiv senken und den weiteren Knochenabbau aufhalten. Schon deswegen ist die Diagnose und Behandlung einer Osteoporose so früh wie möglich angezeigt. Das verhindert großes persönliches Leid für die Betroffenen und immense Behandlungs- und Nachsorgekosten von Frakturen für die Solidargemeinschaft.
Bewegen Sie sich ...
... sonst bewegt sich nichts! Körperliche (und geistige) Beweglichkeit ist keine Sache des Alters, sie lässt sich in jedem Alter aufbauen. Wenn Sie sich zu steif, zu müde oder zu schwach fühlen, ist es höchste Zeit, mit einem gezielten Training zu beginnen. Zum Beispiel mit Yoga oder Pilates aktiv die Steifigkeit wegdehnen und auflösen. An jeder Volkshochschule und in vielen Fitness-Studios werden hervorragende Kurse – auch für Senioren – angeboten. Solche Methoden verbessern die Durchblutung und die Reaktionsfähigkeit, beugen Stürzen vor, sorgen für körperliches und geistiges Wohlbefinden sowie mehr Ausgeglichenheit. Und – einmal gelernt, kann man sie leicht zuhause weiterüben.
Auch die Ausdauer darf nicht zu kurz kommen, denn sie hält Herz- und Kreislauf fit, stärkt die Muskulatur, verbrennt überflüssiges Fett, trainiert Sehnen und Bänder, macht munter, stärkt Gelenke und Knochen. Erlaubt ist alles, was Spaß macht: Radfahren, Walken, Tennis, Golf und Reiten, Schwimmen, Skilanglauf und -alpin oder was sonst noch je nach Fitnessgrad möglich ist.
Und da aller guten Dinge drei sind, fehlt zum körperlichen Wohlfühlprogramm noch das Krafttraining. Ob mit Hanteln oder Gewichtsmanschetten vor dem Fernseher oder beim Gruppentraining im Fitness-Studio, die Möglichkeiten sind unbegrenzt.
Für alle drei Bereiche - Dehnung, Ausdauer und Kraft - gilt keine Altersbeschränkung, wichtig ist nur, den Ist-Zustand des Körpers richtig einzuschätzen und langsam zu beginnen. Auch wer an Osteoporose leidet, muss und darf nicht in Unbeweglichkeit verharren. Fragen Sie ihren Arzt und suchen Sie ein Fitness-Studio mit medizinisch ausgebildeten Trainern.