In einer so genannten Versorgungsstudie wurde geprüft, ob es nennenswerte Lücken in der Osteoporose-Therapie gibt, insbesondere bei der Basistherapie mit Calcium und Vitamin D3. Wesentlich waren die Fragen nach der mangelnden Compliance, einer Unterdosierung oder einer unvollständigen Monotherapie. Eine ähnliche Versorgungsstudie wurde bisher in Deutschland noch nicht durchgeführt.*

Nach Aussage von Professor Dr. med. Manfred Fischer, dem Leiter der Versorgungsstudie, klaffen riesige Lücken in der Basistherapie: 72 Prozent der Patienten sind mit Calcium und Vitamin D3 unterversorgt. Im Einzelnen ergaben sich gravierende Fehler in der Basistherapie: Einerseits werden in 13,4 Prozent der Fälle lediglich Monopräparate verordnet, andererseits sind in 19,5 Prozent der Fälle Kombinationspräparate zu niedrig dosiert oder sie werden zwar in der richtigen Dosierung empfohlen, aber vom Patienten nicht nach Vorschrift eingenommen.

Nur 28 Prozent aller Osteoporose-Patienten erhielten also eine leitliniengerechte Basistherapie mit Calcium und Vitamin D3. Von einer wesentlichen Erhöhung dieses erschütternd schlechten Wertes innerhalb der letzten 6 Monate kann man nicht ausgehen. Fest steht, dass in 39,1 Prozent der Fälle die Unterversorgung aus mangelnder Compliance resultierte, wobei die Darreichung in der Brausetablette etwas besser abschnitt, die Einnahme von Kautabletten allerdings laut anderen Studien überlegene Wirkstoffspiegel bringt. In den letzten Jahren erfolgten wichtige Schritte in Richtung einer besseren Osteoporose-Therapie, z.B. die Aufnahme der Behandlung mit Calcium und Vitamin D3 in die Leitlinien, wie auch die Sicherstellung der Erstattungsfähigkeit der Basistherapie bei manifester Osteoporose durch die Ergänzung der so genannten Ausnahmeliste. Nach den vorliegenden Daten müssen sich die Verantwortlichen verstärkt mit dem Thema Compliance beschäftigen, denn was nützen die besten Produkte und Behandlungs- Strategien, wenn die notwendigen Präparate von den Patienten nicht eingenommen werden.

Nach Meinung von Professor Fischer würden drei Kriterien die Compliance bei der Basistherapie mit Calcium und Vitamin D3 steigern: Die optimale Rezeptierung, der Preis und der Geschmack. Die Ärzte machten mit nur mündlichen Empfehlungen zur Einnahme von Calcium und Vitamin D3 schlechte Erfahrungen. Patienten ohne die Diagnose "manifeste Osteoporose" nehmen die Präparate verlässlicher ein, wenn sie mit einem Privatrezept die Präparate dann selbst zahlen müssen. Auch vielen Patienten, die Anspruch auf Erstattung hätten, wurde nie deutlich gemacht, dass mit der Osteoporose-Therapie zuerst der Knochenschwund gestoppt wird, zum Aufbau neuer Substanz in jedem Fall aber eine ausreichende Substitution von Calcium und Vitamin-D3 erforderlich ist. Auf die, je nach Diagnosestellung erforderliche medikamentöse Behandlung, z.B. mit Bisphosphonaten, wurde in der Studie nicht Bezug genommen und von Professor Fischer keine Aussage gemacht.

Über die Studienergebnisse hinaus kann besonders bei älteren Patienten davon ausgegangen werden, dass bei Vitamin- D-Mangel zu wenig Calcium mit der Nahrung aufgenommen wird. Auch bei guter Versorgung mit Calcium- haltigem Mineralwasser ist eine ausreichende Aufnahme nicht gesichert. Die immer wieder gemachte Empfehlung eines hohen Anteils von Milchprodukten in der Nahrung auch bei jüngeren Menschen wird durchaus kontrovers diskutiert. Mit einer Substitution von Calcium und Vitamin D3 sowohl in der Prävention als auch der Therapie von Osteoporose sind sowohl der empfehlende oder verordnende Arzt als auch der Patient auf der sicheren Seite. Nach unserer Meinung bedarf es weiterhin einer gezielten Information durch die Selbsthilfeorganisationen, durch das Kuratorium Knochengesundheit e.V., durch seriöse Fachmagazine und natürlich durch die behandelnden Ärzte. Nur durch eine optimale Strategie, die alle synergistischen Effekte nutzt, wird sich mittel- bis langfristig eine Reduzierung der Kosten erzielen lassen, die heute noch durch die hohe Anzahl osteoporotischer Frakturen für unser Gesundheitssystem entstehen.

Fakten einer unterschätzten Krankheit
Nehmen Sie Osteoporose ernst, denn …

  • alle 30 Sekunden bricht sich ein Mensch in der EU einen Knochen aufgrund von Osteoporose,
  • jede fünfte Frau mit Osteoporose wird nach einem Wirbelbruch innerhalb von einem Jahr einen weiteren Bruch erleiden,
  • Jahr für Jahr treten in Europa 400.000 Oberschenkelhalsfrakturen (Hüftfraktur) auf, mehr als 270.000 Wirbelbrüche und über 340.000 Unterarmbrüche, mit steigender Tendenz. Bis 2025 rechnet man mit 650.000 Oberschenkelhalsfrakturen,
  • nur knapp 20 Prozent der Frauen mit Osteoporose werden überhaupt adäquat behandelt,
  • viele Frauen glauben, dass sie vor Osteoporose geschützt sind, wenn sie sich calciumreich ernähren,
  • das Risiko einer Frau, im Laufe ihres Lebens eine Hüftfraktur zu erleiden ist größer als die Summe ihrer Risiken für Brust-, Gebärmutterhals- und Ovarialkrebs zusammen,
  • ein halbes Jahr nach einer Hüftfraktur kann sich jeder zweite Patient nicht mehr alleine anziehen, können fünf von sechs nicht mehr ohne Hilfe laufen,
  • in der EU belegen Osteoporose-Patienten jedes Jahr mehr als 500.000 Krankenhaus-Bettentage, eine Zahl, die sich in den nächsten Jahrzehnten mehr als verdoppeln wird,
  • jeder fünfte Osteoporose-Patient über 50 Jahre stirbt noch im gleichen Jahr an den Folgen einer Hüftfraktur,
  • nur jeder dritte Wirbelbruch wird richtig erkannt und zielgerichtet eine Osteoporosetherapie sofort eingeleitet.