Bis vor wenigen Jahren war die Diagnose "Osteoporose" schicksalhaft. Inzwischen haben wir gelernt, das "Organ" Knochen besser zu verstehen. Es gibt wirkungsvolle Medikamente, die den Knochenaufbau fördern und den Knochenabbau hemmen. Osteoporose kann heute gänzlich vermieden werden und bei bereits bestehender Krankheit lässt sich ein Fortschreiten stoppen, der Schmerz lindern und die Beweglichkeit wiedererlangen.

Mit Konsequenz zum Ziel

Unabhängig vom Alter ist eine Osteoporose-Therapie immer lohnend und nie zu spät. Geduld und Beharrlichkeit sind dabei die wichtigsten Eigenschaften, die sowohl der Patient als auch der Arzt aufbringen müssen, wenn sie die Osteoporose besiegen wollen. Gerade bei chronischen Erkrankungen - zu denen die Osteoporose gehört - fällt es den Patienten oft schwer, Medikamente regelmäßig einzunehmen. Dies gilt besonders, wenn sich die Krankheit nicht sofort unangenehm bemerkbar macht. Man vergisst die Gefährlichkeit der Osteoporose leicht, solange noch keine Knochenbrüche eingetreten sind. Geduld und Ausdauer sind auch deshalb bei der Behandlung notwendig, weil eine Erkrankung, die im Laufe von vielen Jahren entstanden ist, Monate und manchmal Jahre zur Heilung brauchen kann.

Die Schmerzspirale durchbrechen

Osteoporose-bedingte Schmerzen sind akute Schmerzen, denen fast immer ein Knochenbruch im mittleren und unteren Wirbelsäulenabschnitt vorangeht. Dieser schlagartig einsetzte Rückenschmerz lässt zwar langsam nach, kann aber nach Abheilen des Bruchs chronisch werden. Er entsteht durch eine Verformung der Wirbelsäule, durch Fehl- und Überbelastung der Muskulatur und Schädigung der Wirbelgelenke. Dieser Schmerz kann Schlaflosigkeit, Reizbarkeit und Depressionen auslösen, die das Schmerzempfinden noch verstärken.

Physikalische Therapie

Eingangs wird eine Röntgenaufnahme oder ein CT des Skeletts im Bereich der Schmerzen durchgeführt, um einen Knochenbruch nachzuweisen bzw. das Ausmaß der Knochenzerstörung erkennen zu können. Im akuten Stadium ist leichte Bettruhe sinnvoll, aber nur bis der akute Schmerz gelindert ist. Dann sollten kurzzeitige und vorsichtige Achsbelastungen, abwechselnd mit Übungen zu Entlastungshaltungen mehrmals am Tag durchgeführt werden. Zur Durchblutungsförderung ist eine Kältebehandlung mit kalten Wickeln sinnvoll, eine Wärmebehandlung ist erst bei chronischen Schmerzen angezeigt. Krankengymnastik mit Entspannungs- und Atemübungen sind äußerst wirkungsvoll. Weitere Möglichkeiten zur Schmerzbehandlung stellen Massagen, Akupunktur, Elektrotherapie und Injektionsbehandlungen mit Lokalanästhetika dar.

Mobilisierung der Patienten

Wenn die akuten Schmerzen abgeklungen sind, muss vor allem die Muskulatur gekräftigt werden. Dies erfolgt am besten durch geführte Bewegungen und Anspannungsbewegungen, kombiniert mit einer Entlastungslagerung. Besonders wohltuend sind durchblutungsfördernde und entspannende lokale Wärmebehandlungen in Form von heißen Rollen, feucht-heißen Kompressen, Moorerde-Packungen oder auch Infrarotbestrahlungen. Massagen sind weniger geeignet. Bewegungsbäder im warmen Wasser (Thermalbad) führen durch den gewichtsentlastenden Auftrieb im Wasser zu einer zusätzlichen Muskellockerung und so zu einer deutlichen Beschwerdelinderung. Besonders Schwimmen ist eine ideale Kombination aus Wirbelsäulenentlastung und Muskeltraining.

Krankengymnastik

Wenn die Akutprobleme langsam abklingen, kann die Krankengymnastik allmählich durch sporttherapeutische Maßnahmen ersetzt werden. Aktives Muskeltraining ist nicht nur für die Stärkung der Knochen und der Muskulatur wichtig, sondern lindert langfristig gesehen auch chronische Schmerzen. Allerdings müssen die Übungen regelmäßig durchgeführt werden und natürlich altersentsprechend sein. Das Training sollte anfangs unter fachkundiger Anleitung (Krankengymnastik, Rückenschule) erlernt und später zuhause selbstständig und konsequent weitergeführt werden. Schwerpunkt ist immer die Stabilisierung und Kräftigung der Rückenmuskulatur.

Absolut zu vermeiden sind vier Übungen, die ein hohes Risiko für weitere Wirbelkörperbrüche bedeuten:

  • Alle Übungen, bei denen die Wirbelsäule gestaucht wird (Hoch- und Weitsprünge, Joggen, Laufen und Radfahren in unebenem Gelände wie Mountainbiking)
  • Alle Übungen, die ein Abbiegen der Wirbelsäule nach vorne erfordern. Damit steigt das Risiko dramatisch, dass Wirbelkörper an der Vorderkante einbrechen und "Keilwirbel" entstehen
  • Alle Übungen, die ein Fallrisiko beinhalten. Achten Sie auf gute Sportschuhe mit einem guten Fußbett und rutschfester Sohle. Feuchte und nasse Holzböden in Turnhallen meiden.
  • Alle Übungen, die seitliche Bewegungen gegen Widerstand erfordern ("Abduktion" und "Adduktion"). Sie erhöhen das Risiko eines Oberschenkelhalsbruchs.

Medikamentöse Schmerztherapie

Akute Schmerzen müssen beseitigt werden, einmal um einer Chronifizierung vorzubeugen und um eine Bewegungstherapie überhaupt beginnen zu können. Dazu sind vorübergehend auch Analgetika (Schmerzmittel) erforderlich. An oberster Stelle stehen dabei peripher wirkende Analgetika mit einer guten Wirkung auf Skelett-, Muskel und Gelenkschmerzen: dazu gehören Azetylsalizylsäure (ASS), Parazetamol oder auch nicht steroidale Antirheumatika (NSAR). Sie entfalten ihre Wirkung durch die örtliche Hemmung der schmerzauslösenden Prostaglandine. Jedoch können sie Magenblutungen oder Knochenmarksschädigungen verursachen, deshalb sollten sie nur so kurz wie möglich genommen werden. Besser sind hier NSAR, die nur noch selektiv die Schmerzrezeptoren beeinflussen und weitgehend frei von den vorgenannten Nebenwirkungen sind (sog. COX-2-Hemmer, z.B. VIOXX®). Auch Knochenschmerzen können besonders schnell und erfolgreich durch Bisphosphonate behandelt werden, die gleichzeitig den Knochenabbau hemmen und bei der Osteoporose die Therapie der Wahl darstellen. Bei starken Schmerzen können schwach wirkende Opioide eingesetzt werden. Sind auch sie nicht zufriedenstellend, sollte zusammen mit einer Schmerzambulanz ein individueller Behandlungsplan ausgearbeitet werden, der von den Patienten genauestens eingehalten werden muss. Muskelrelaxanzien zur Besserung von Verspannungen sind zu vermeiden, da sie wegen der gleichzeitig sedierenden (beruhigenden) Wirkung das Sturzrisiko erhöhen.

Kalzium und Vitamin D als Basistherapie

Unabdingbare Voraussetzung für eine wirkungsvolle Behandlung der Osteoporose, genau wie für die Vorbeugung, ist die ausreichende Zufuhr von Kalzium. Kalzium stellt – neben Magnesium – das notwendige Baumaterial für den neu gebildeten Knochen. Vitamin D ist ebenfalls unentbehrlich für den gesunden Knochenstoffwechsel und gehört zur Basistherapie der Osteoporose.

Als weltweit gültiger Standard gelten die tägliche Einnahme von 1000 mg Kalzium und 1000 I.E. (internationale Einheiten) Vitamin D. Bewährt haben sich Kombinationspräparate, die beide Substanzen in einer Tablette verbinden. Obwohl theoretisch sowohl Kalzium als auch Vitamin D durch die Nahrung aufgenommen werden, bzw. letzteres vom Körper auch selbst synthetisiert wird, zeigt die Erfahrung, dass allein über diesen Weg die erforderlichen Mengen nicht zu erreichen sind. Der Körper bedient sich dann des Kalziumspeichers im Knochen – fast 1,5 kg Kalzium im Skelett – und baut die Knochen über eine Erhöhung der Parathormonausschüttung und eine Aktivierung der Osteoklasten (knochenabbauende Zellen) ab. Nur die zusätzliche Gabe von Kalzium kann in der Altersgruppe ab 50 Jahren den jährlichen Knochenverlust von ca. 2-4 Prozent und damit das Risiko eines Knochenbruchs senken.

Für die jüngere Altersgruppe liegen bisher noch keine aussagekräftigen Studienergebnisse vor, man kann aber von einer ähnlichen Wirksamkeit ausgehen. Es gibt noch einen weiteren wichtigen Grund, bei jeder Osteoporose-Therapie immer zusätzlich Kalzium und Vitamin D einzunehmen: Vor allem Kalzitonin, aber auch die Bisphosphonate senken den Kalziumspiegel im Blut und erhöhen damit automatisch die Parathormon-Ausschüttung, die wiederum den Knochenabbau begünstigt. Dieser unerwünschte Regelkreis kann mit der Kalzium-/Vitamin-D-Zufuhr wirkungsvoll unterbrochen werden.

Warum Vitamin D?

Damit das Skelett gesund bleibt, braucht der Mensch von Geburt bis zum Lebensende unbedingt Vitamin D. So charakterisierte der amerikanische Vitaminforscher Prof. Michael F. Holick aus Boston die Bedeutung von Vitamin D. Es spielt vor allem im Stoffwechsel der Mineralstoffe Kalzium und Phosphat eine wichtige Rolle. Vitamin D trägt dazu bei, die Knochen-Stammzellen zu differenzieren, hilft bei der ausgeglichenen Regulation des Kalziumaufbaus und des Knochenabbaus und verhindert die überschüssige Freisetzungen von Kalzium aus den Knochen. Umgekehrt stört ein Vitamin-D-Mangel den Knochenstoffwechsel bzw. das Gleichgewicht von Kalzium und Phosphaten.

Dieses fettlösliche Vitamin steht für eine Reihe ähnlicher Stoffe, die Calciferole, von denen beim Menschen D2 (Ergosterol) und D3 (Cholecalciferol) wirksam sind. Der Bedarf an Vitamin D kann durch den Aufenthalt im Freien über die Eigensynthese von ultravioletten Strahlen des Sonnenlichts durch die Haut weitgehend gedeckt werden. Garantiert ist die ausreichende Synthese in nördlichen Ländern jedoch nicht, da die UV-Strahlen, besonders im Spätherbst und Winter, teilweise zu gering sind. Außerdem leben viele Menschen in Ballungsgebieten, deren Dunstglocke die Einwirkung von UV-Strahlen stark reduzieren. Auch nimmt im Alter der Umbau des zugeführten Vitamin D in die aktive, wirksame Form ab. Daher ist bei uns die tägliche Zufuhr von Vitamin D über zusätzliche Ergänzungen zu empfehlen. So kann das Risiko der unzureichenden Eigensynthese ausgeschaltet werden. Die Resorption von Vitamin D wird durch Nahrungsfette und Gallensäuren gefördert, die eigentliche Umwandlung in D3 erfolgt mit Hilfe von Enzymen und Parathormon in Leber und Nieren.

Grundsätzlich gilt: Die Vorbeugung der Osteoporose ist einfacher und effektiver als jede Therapie. Aber eine erfolgreiche Therapie ist fast immer möglich.