Knochenbrüchigkeit ist das Ergebnis einer verminderten Knochenfestigkeit

Die Festigkeit eines Knochens wird durch die Knochenmasse, die Materialeigenschaften (z.B. den Grad der Mineralisierung des Knochenkollagens) und durch die Verteilung der Masse bestimmt.

Mit der Verteilung der Masse ist die Architektur des Knochens gemeint, die Anordnung und die Vernetzung der Knochen- bälkchen untereinander. Für eine gute Mineralisierung benötigt der Knochen vor allem ein ausreichendes Angebot an Kalzium, wobei die Aufnahme von Kalzium aus dem Darm und der Einbau von Kalzium in das Knochenmaterial durch Vitamin D und die aus ihm entstehende Hormonform (D-Hormon = 1,25-dihydroxyvitamin D) gesteuert wird.

Die Knochenqualität der Röhrenknochen wird u.a. bestimmt durch die Vernetzung und durch die Dichte der Anzahl und Größe der feinen Knochenbälkchen (Trabekel) im Inneren. Wie diese miteinander verbunden sind, macht die Tragkraft des Knochengewebes aus.

Auch wenn Osteoporose eine seit langem bekannte Krankheit ist, wir immer weiter an neuen Medikamenten geforscht. Jahr für Jahr treten in Europa 400.000 Oberschenkelhalsfrakturen (Hüftfraktur) auf, mehr als 270.000 Wirbelbrüche und über 340.000 Unterarmbrüche, mit steigender Tendenz. Bis 2025 rechnet man mit 650.000 Oberschenkelhalsfrakturen...

Grundlage jeder Therapie ist deshalb eine gute Versorgung mit Kalzium und mit Vitamin D, wobei die Kalziumversorgung primär über die Ernährung erfolgen sollte. Nur wenn über die Nahrung inkl. Getränke weniger als 1000 mg Kalzium täglich angeboten werden, wird eine medikamentöse Nahrungs- ergänzung empfohlen. Vitamin D kann in der Haut unter Einfluss von Sonnenlicht (oder künstliches UVB-Licht) gebildet werden. Dies funktioniert bei älteren Menschen aber nicht mehr so gut; und wir halten uns heute auch nicht mehr so viel im Freien auf. Nur wenige Nahrungsmittel wie z.B. Meeresfisch oder auch Eier enthalten nennenswerte Mengen an Vitamin D. Gerade für ältere Menschen ist deshalb die Einnahme von Vitamin D aus Medikamenten zu empfehlen und bei Osteoporose zu verordnen. Ist diese Grundversorgung oder Basistherapie mit Kalzium und Vitamin D gewähr- leistet, dann kommt die spezifische medikamentöse Therapie hinzu.

Die medikamentöse Therapie muss dabei auch durch eine gezielte Bewegungstherapie mit einer mechanischen Stimulation des Knochens unterstützt werden. Osteoporosemedikamente setzen an den oben erwähnten Knochenveränderungen bei Osteoporose an: Ideale Osteoporose- medikamente sollen die Knochenmasse steigern, die Verknüpfung der Knochenbälkchen verbessern und auch das Knochenmaterial verbessern. Dies sind hohe Ansprüche, die heutige Medikamente nur teilweise erfüllen können. Deshalb macht es durchaus Sinn, manche Medikamente in Kombination einzusetzen oder auch in zeitlicher Abfolge.

Übersicht über die Wirkweise von Therapeutika

Osteoporose Medikamente lassen sich überwiegend in zwei Gruppen einteilen:

Antiresorptiva, die den Knochenabbau bremsen und damit auch Struktur erhaltend wirken.

Osteoanabolika, welche die Bildung von neuer Knochensubstanz stimulieren und auch die Mikroarchitektur und damit die Struktur verbessern können.

Eine Sonderstellung nimmt das Strontiumranelat ein. Für dieses Medikament ist die genaue Wirkungsweise derzeit noch nicht abschließend geklärt. Vitamin D und Vitamin-D-Metabolite verbessern die Mineralisierung der Knochensubstanz und wirken über eine Absenkung des Parathormons auch antiresorptiv.

Eigenschaften Osteoporose-Medikamente

Bisphosphonate

Alendronat, Risedronat, Ibandronat und Zoledronat gehören zur chemischen Gruppe der Bisphosphonate und wirken auch ähnlich. Bisphosponate binden sich an die Knochensubstanz und werden beim Knochenabbau (der bei Osteoporose meist gesteigert ist) von den Knochenabbauzellen (Osteoklasten) in die Zelle aufgenommen. Bisphosphonate hemmen den Zellstoffwechsel, weshalb die Osteoklasten nicht mehr arbeiten können und auch absterben. Dadurch wird der Knochenabbau gestoppt. Da gleichzeitig die Knochenaufbautätigkeit noch weiter gehen kann, wird die Knochendichte und Masse auch etwas zunehmen.

Bisphosphonate können als Tabletten eingenommen werden, müssen aber nüchtern mindestens 30min vor dem Frühstück eingenommen werden, und danach soll man sich nicht gleich wieder hinlegen, damit die Tablette in den Darm durchrutschen kann. Seit kurzem steht auch eine Alendronat-Trinklösung zur Verfügung, die vor allem für Menschen mit Schwierigkeiten beim Tablettenschlucken interessant ist. Alternativ kann Ibandronat intravenös alle drei Monate gespritzt werden und das Zoledronat wird einmal im Jahr als Infusion verabreicht.

Als Tabletten verabreichte Bisphosphonate können Reizungen der Speiseröhre oder des Magens verursachen. Die intravenösen Bisphosphonate können vor allem bei erster Verabreichung für ein bis zwei Tage grippeähnliche Beschwerden (Fieber, Gliederschmerzen) hervorrufen, die aber zu keinen Schäden führen (vorbeugend hilft es, viel zu trinken und eventuell Fiebermittel wie Paracetamol einzunehmen). Alle Bisphosphonate dürfen bei fort- geschrittener Nierenfunktionsschwäche nicht mehr gegeben werden. Viele Experten meinen, dass man nach 3 bis 5 Jahren Bisphosphonat-Therapie eine Pause einlegen sollte. Das Risiko für so genannte Kieferknochennekrosen ist gering bei der Osteoporose-Therapie. Bei kieferorthopädischen Eingriffen sollte man Bisphosphonate 6 Wochen vorher und nachher sicherheitshalber unterbrechen.

Denosumab

Denosumab wurde erst kürzlich zur Osteoporose-Therapie zugelassen. Es handelt sich um einen Antikörper gegen einen Botenstoff (RANKL), ohne den die Knochenfresszellen nicht arbeiten können. Es handelt sich also auch um ein Antiresorptivum. Denosumab wird alle sechs Monate unter die Haut (subkutan) gespritzt. An Nebenwirkungen sind mögliche Hautallergien und Hautinfektionen selten möglich. Denosumab kann auch bei Nierenfunktions- schwäche eingesetzt werden.

Östrogene

Östrogene hemmen den Knochenabbau über eine direkte Beeinflussung der Knochenzellen und Hemmung von Botenstoffen, die den Knochenabbau erhöhen. Unter anderem wird auch RANKL gehemmt (siehe oben). Östrogene können in Kombination mit Gelbkörperhormon bei längerer Anwendung das Brustkrebsrisiko erhöhen. Sie werden deshalb heute nicht mehr zur Osteoporosetherapie eingesetzt, sondern nur zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden. Zu beachten ist auch das Thrombose- und Schlaganfallrisiko (gering bei Anwendung über die Haut als Pflaster oder Gel).

Raloxifen

Raloxifen ist kein Östrogen, moduliert aber die Östrogenrezeptoren. Am Knochen wirkt es wie ein Östrogen und hemmt den Knochenabbau. Es wird deshalb als selektiver Östrogenrezeptormodulator (SERM) bezeichnet. Raloxifen wirkt am Knochen in physiologischer Weise und kann deshalb auch lange Zeit eingenommen werden ohne dass sich Knochenmaterialeigenschaften verändern. Raloxifen wird als Tablette eingenommen und ist gut magenverträglich. An der Brust wirkt es als Antiöstrogen und senkt das Brustkrebsrisiko. Als Nebenwirkung kann eine Verstärkung von Wechsel- jahresbeschwerden auftreten. Zu beachten ist, dass auch Raloxifen das Thromboserisiko erhöhen kann.

Parathormon und Parathormon 1-34 (Teriparatid)

Parathormon ist ein Hormon des Kalzium- und Knochenstoffwechsels. Es ist ein Eiweiß-Hormon (ähnlich wie Insulin). Bei dauerhafter Erhöhung, z.B. bei Nebenschilddrüsenvergrößerung steigert es den Knochenabbau. Wenn Parathormon oder das Fragment Teriparatid aber einmal täglich subkutan (unter die Haut) gespritzt werden, dann wird der Knochenaufbau gefördert. Die Knochenaufbauzellen (Osteoblasten) besitzen Rezeptoren für das Hormon. Parathormon und Teriparatid sind die einzigen Medikamente, die eine Verbesserung der Knochenarchitektur erzielen können. Die tägliche Injektion kann von den Patienten mit Hilfe einer Injektionshilfe (Pen) selbst vorgenommen werden (wie dies auch Diabetespatienten mit Insulin tun). Nebenwirkungen können Übelkeit und Schwindel sein, selten auch Knochen- oder Muskelschmerzen. Bei einer Vorgeschichte mit Tumoren oder bei früheren Bestrahlungen des Skeletts dürfen Parathormone nicht mehr eingesetzt werden. Wegen des hohen Preises darf Parathormon oder Teriparatid nur bei schwerer Osteoporose oder bei Therapieversagen anderer Medikamente eingesetzt werden.

Strontiumranelat

Die Wirkungsweise des Salzes ist noch nicht abschließend geklärt. Diskutiert wird eine Beeinflussung des Kalziumrezeptors, eine Hemmung von RANKL und auch eine Stabilisierung der Mineralkristalle. Strontiumranelat ist ein Osteoklasten-Hemmer und stimuliert auch die Knochenneubildung. Strontiumranelat wird mit Wasser aufgerührt und als Suspension getrunken, abends zwei Stunden nach dem Essen. Nebenwirkungen können Durchfall und Hautallergien sein. Für die Ärzte sind bei der Verordnung Therapiehinweise des Gesetzgebers zu beachten.

Alfacalcidol (1-alpha-Hydroxyvitamin D)

Die Beweislage aus Studien ist für die Osteoporosetherapie schwächer als für die oben aufgeführten Medikamente. Es wird deshalb als Reserve-Medikament angesehen oder bei Störungen des Vitamin D-Stoffwechsels oder des Kalzium-Stoffwechsels eingesetzt. Es fördert die Kalziumaufnahme aus dem Darm und die Knochenmineralisierung. Es kann auch mit Bisphosphonaten kombiniert werden. Weiterhin wurde auch bei älteren Menschen mit schon eingeschränkter Nierenfunktion eine Senkung des Sturzrisikos gesehen. Zu beachten ist ein zu hoher Anstieg der Blutkalziumkonzentration als Nebenwirkung. Bei Patienten mit fortgeschrittener Nierenfunktions- einschränkung, die schon zu einem Anstieg des Parathormons führt, wird Alfacalcidol häufig eingesetzt.

Fluorsalze

Auch hier ist die Beweislage aus Studien zur Wirksamkeit schwächer und auch nur für die Wirbelbrüche vorhanden. Fluorsalze stimulieren die Knochen-aufbauzellen. Bei Überdosierungen können Mineralisationsstörungen auftreten, weiterhin gehören Gelenkschmerzen zu den Nebenwirkungen. Fluorsalze werden heute nur noch selten zur Therapie eingesetzt.

Calcitonin

Calcitonin ist ein weiteres Hormon des Kalziumstoffwechsels. Knochenabbauzellen (Osteoklasten) besitzen Rezeptoren für Calcitonin und werden gehemmt. Eine Wirksamkeit wurde nur für das Nasenspray zur Verhinderung von Wirbelbrüchen nachgewiesen. Als Nebenwirkung können Übelkeit und Reizungen der Nasenschleimhaut auftreten. Calcitonin wird heute nur noch selten als Reserve-Medikament bei Osteoporose eingesetzt, wenn andere Medikamente nicht vertragen werden.

Auswahl der Osteoporose Medikamente

Der Arzt berücksichtigt bei der Auswahl der Osteoporose Medikamente sowohl die Wirksamkeit anhand der Studienlage, die individuellen Gegebenheiten beim Patienten (Begleiterkrankungen, Gegenanzeigen), die individuelle Verträglich- keit und auch den Medikamentenpreis. Eine wirtschaftliche Verordnungsweise, welche die notwendige Therapie gewährleistet, ist letztendlich auch im Interesse der Patienten, die ja auch Beitragszahler sind.